Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8

Finnetunnel

Das Projekt Finnetunnel umfasst den Neubau zweier eingleisiger Tunnelröhren von je 6.970 Meter Länge.

Der Finnetunnel ist der längste Eisenbahntunnel der Neubaustrecke. Er un­terquert den Höhenzug Finne zwischen Herrengosserstedt und Bad Bibra.

Im Nordosten schließt sich an das Portal ein Einschnitt mit dem Überholbahnhof Saubach auf einer Länge von rund 1000 Meter an.

Beide Röhren sind alle 500 Meter durch Rettungsstollen, die mit Schleuseneinrichtungen versehen sind, verbunden.

15 Kilometer neue Baustraßen sicherten die Transportverbindungen. Auf ihnen rollten vorallem LKW mit Ausbruchmaterial aus dem drei Geländemodellierungen gestaltet wurden. Insgesamt wurden über 1,4 Millionen Kubikmeter Ausbruchmaterial feste Masse in diese eingebaut.

Für die Tunnelvortriebe bestand über einen Teil der Strecke eine geschlossene Wasserhaltung über bis zu 80 Meter tiefe Bohrbrunnen längs der Trasse. Baubeginn war im Dezember 2006. Die Bauarbeiten für den kompletten Rohbau wurden bis 2011 abgeschlossen.

Finnetunnel Querschnitt (Grafik: DB AG)
Finnetunnel Westportal Januar 2013 (Foto: DB AG)

Zahlen und Fakten

Bauwerkslänge
6.970 m
Bauverfahren
Vortrieb mit zwei Tunnelbohrmaschinen
Tunnelröhren Durchmesser
9,6 m
Abstand der Gleisachsen
25 m
Minimale Überdeckung (Schnecktal)
3 m
Maximale Überdeckung
65 m
Rettungsstollen (alle 500 m)
13 Stück
Ausbruchmaterial
1,4 Millionen m3
Rettungsstollen
13 Stück im Maximalabstand von 500 m
Tunnelanschlag
04/2008
Tunneldurchschlag
03/2010
Fertigstellung (Rohbau)
2011

Die geologische Struktur des Finnetunnels

Die Neubaustrecke quert im Bauabschnitt den Übergang vom Thüringer Becken, einer geologischen Einmuldungsstruktur, zur Hermundurischen Scholle, einer bruchtektonisch herausgehobenen Struktur. 

Die Formationen sind durch die sogenannte Finnestörung getrennt, bei der sich Buntsandstein gegen Keuper versetzt hat. 

Die stark zerlegten Gesteinsformationen der Finnestörung stellten die Trassenbauer aufgrund der geologischen und hydrologischen Situation vor anspruchsvolle, jedoch lösbare Aufgaben. Zudem liegt der Tunnel teilweise bis zu 50 Metern unter dem Grundwasserspiegel.

Im Vorfeld des Tunnelbaus wurden umfangreiche Erkundungen durchgeführt. Sie erfolgten nach neuestem Stand der Technik von der Luftbildauswertung bis zum ABF (akustisches Bohrlochfernsehen). 100 Bohrungen in bis fast 100 Meter Tiefe lieferten sogenannte Bohrkerne. Untersuchungen von Gebirge und Wasser begleiten auch während des Tunnelbaus jeden Arbeitsschritt.

Finnetunnel Längsprofil (Grafik: DB AG)
Ansicht der Böschung in der Startbaugrube (Foto: DB AG)
Bohrkern (Foto: DB AG)

Die Baustelle des Finnetunnels

Im Bereich des Westportals entstand auf einer Fläche von 145.000 Quadratmeter die Baustelleneinrichtung, das Logistik-, Versorgungs- und Organisationszentrum der Baustelle sowie der Infopark mit dem Infozentrum "Finnetunnel".

Auf der Großbaustelle waren mit Vortriebsbeginn etwa 250 Menschen der verschiedensten Gewerke beschäftigt. Vom Bau des Finnetunnels profitierten die ansässigen Unternehmen sowie der regionale Arbeitsmarkt.

(Grafik: DB AG)
Finnetunnel Westportal (Foto: DB AG)

Die Tübbingproduktion

Für die beiden Tunnelröhren wurden ca. 48.000 Tübbinge an Ort und Stelle in einer Feldfabrik hergestellt, das sind täglich 16 Tübbingringe.

Ein Ring ist 2 Meter breit und besteht aus sechs Tübbingsteinen sowie einem ca. halb so großen Schlussstein. Die Ringe werden verschraubt und haben eine umlaufende Dichtung. Mit jedem eingebauten Tübbingring gewinnt der Tunnel 2 Meter Länge.

Die Tübbinge werden vor Ort hergestellt. In der Fabrikhalle befinden sich mehrere Gießformen, sogenannte Schalungssätze, in denen zuerst die Bewehrung (der Betonstahl) platziert wird, welche mit Beton aufgefüllt werden. Nach einigen Stunden ist der Beton ausgehärtet. Der fertige Tübbingstein wird aus dem Schalungssatz gehoben und zum Lagerplatz transportiert. Der Vorrat beträgt je nach Erfordernis bis zu ca. 1000 kompletten Ringen. Dies entspricht ca. 7000 einzelnen Tübbingsteinen.

(Grafik: DB AG)
(Grafik: DB AG)
(Foto: DB AG)
(Foto: DB AG)
(Foto: DB AG)
(Foto: DB AG)
(Foto: DB AG)
(Foto: DB AG)

Das Auffahren der Tunnel erfolgte von Westen parallel mit zwei Tunnelbohrmaschinen. Spezialisten bedienten die für dieses Bauvorhaben hergestellten Maschinen.

Eine mit speziellen Meißeln bestückte Bohrscheibe drehte sich langsam unter Druck in das Gebirge. Der Außendurchmesser der Schilde für den Finnetunnel beträgt ca. 11 Meter. Unmittelbar danach entstand, in dem entstandenen Hohlraum mit vorgefertigten Betonsegmenten, die bereits rohbaufertige Tunnelröhre. Dabei wurde das Grundwasser entweder gar nicht, oder nur trichterförmig im unmittelbaren Arbeitsbereich abgesenkt. Nach Durchfahren des Abschnitts stellt sich der ursprüngliche Grundwasserspiegel wieder ein. Das Ausbruchmaterial wird über Pumpen oder Förderbänder aus dem Tunnel heraustransportiert und für die Ablagerung aufbereitet.

Um die unterschiedlichen Gebirgsformationen bewältigen zu können, musste je Röhre eine kombinierte Hydroschild- / Hartgesteinvortriebsmaschine zum Einsatz kommen.

Im Lockergestein: Die ersten ca. 1.500 Meter im Bereich des lockeren und im Bergwasser liegenden Gebirges wurden mit einem flüssigkeitsgestützten Schildvortrieb (Hydroschild) bewältigt. Hierbei schloss hinter einem Schneidrad eine Stahlröhre den Vortriebsbereich der Maschine hermetisch gegenüber dem Gebirge ab. Dadurch konnte auf eine Wasserhaltung verzichtet werden. Der gelöste Boden wurde herausgepumpt. Die Stützflüssigkeit wurde vom Ausbruchmaterial getrennt und der Maschine wieder zugeführt.

Im Hartgestein: Nach dem Auffahren im Hydroschildmodus wurden die Maschinen zu Hartgesteinsmaschinen umgebaut. Für die Tunnelvortriebe wurde nun in einer geschlossenen Wasserhaltung das Grundwasser zeitweise über bis zu 98 Meter tiefe Bohrbrunnen abgesenkt. Der Materialabtransport erfolgte nun mittels Förderband. Auf den letzten 850 Metern stand das Grundwasser unterhalb der Tunnelsohle, so dass hier keine Wasserabsenkung notwendig war.

Hinter den Vortriebsaggregaten erfolgte der Tunnelausbau mit so genannten Tübbingen. Das sind etwa 12 Tonnen schwere Betonfertigteile mit einer Stahlbewehrung, die mit einem Automaten, dem Erektor, zu einem Ring zusammengefügt werden. So entstand ein einschaliger Tunnel, der den Hohlraum sichert und für die nötige Abdichtung gegen Wasser sorgt. Nachlaufend zu den Vortrieben wurden die Querschläge sowie der Sohlbeton und die notwendigen Einbauten wie Leerrohre und Löschwasserleitungen hergestellt. Die Versorgung der Tunnel mit Tübbingen und Material sowie die Beförderung der Mineure (so nennt man die Tunnelbauer) erfolgte durch eine elektrisch betriebene Schmalspurbahn.

Die Darstellung zeigt zwei Arbeitsweisen: geschlossener Modus (Längsschnitt oben) offener Modus (Längsschnitt unten) (Foto: DB AG)
Länge TVM
ca. 86 m
Gewicht
ca. 1.990 t
Schilddurchmesser
10,87 m
Vortriebskraft
87.000 KN
Antriebsleistung
3.800 KW

Die Wasserhaltung des Finnetunnels

Seit der Planungsphase dient ein Umweltmonitoring zur Überwachung des Grundwassers, der fließenden und stehenden Gewässer sowie der abgeleiteten Wassermengen.

Damit wird gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Wasserhaushalt in Menge, örtlicher Verteilung, chemischer Beschaffenheit und etwaiger Auswirkung auf die Umwelt ständig überwacht. Dutzende Messeinrichtungen liefern die Daten für ein hydrogeologisches Modell, welches eine vorausschauende Beobachtung vor, während sowie nach der Baumaßnahme ermöglicht.

Weite Strecken des Finnetunnels befinden sich im Bergwasser. Die hierbei beobachteten Wasserspiegel liegen ca. 40 Meter, maximal bis zu 60 Meter, über der Tunnelsohle. Die hydrogeologische Erkundung hat gezeigt, dass das Grundwasser keinen zusammenhängenden Körper bildet, sondern durch gering durchlässige Schichten in verschiedene Stockwerke unterteilt ist. Die Wasserabsenkung erfolgt in der von den Tunnelbohrmaschinen durchörterten Schichten mit Hilfe von Absenkbrunnen.

Grundwassermessstelle (Foto: DB AG)